Handlungsempfehlungen des ZÊD

Mehr als 230.000 Ezidinnen und Eziden leben in Deutschland. Sie stellen hierzulande die größte ezidische Diaspora weltweit dar. Die Ezidinnen und Eziden sind größtenteils bestens integriert, viele von ihnen besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie gestalten durch ihre große Wahlbereitschaft das politische und das gesellschaftliche Zusammenleben mit.

Nach dem Genozid im Jahre 2014 ist eine weitere Großzahl von Ezidinnen und Eziden aus dem Irak und aus Syrien nach Deutschland gekommen. Sie werden voraussichtlich langfristig in Deutschland bleiben. Die Interessen der Ezidinnen und Eziden müssen bei politischen Entscheidungen unbedingt mehr berücksichtigt werden. Deshalb fordert der ZÊD nachstehend:

  1. Anerkennung des Genozids im Jahre 2014. Die Gräueltaten des IS gegen die Eziden stellen einen Völkermord dar. Alle Voraussetzungen für die Anerkennung des Genozids sind erfüllt. Deshalb haben etliche Staaten, wie Kanada, Australien, aber auch europäische Staaten wie Niederlande und zuletzt auch Belgien diesen Genozid anerkannt. Diese Entscheidung ist in Deutschland überfällig und ein wichtiges Signal an die hier lebenden Ezidinnen und Eziden. Es braucht auch eine konsequente Strafverfolgung der IS Rückkehrer*Innen, die nicht nur eine Gefahr für die Eziden, sondern auch für die Mehrheitsgesellschaft darstellen.

  2. . Staatliche Förderung, um die Arbeit des ZÊD zu stärken. Diese sorgt dafür, dass neu ankommende Ezidinnen und Eziden besser integriert werden und, dass die Fremdenfeindlichkeit gegenüber Eziden (Ezidiphobie), bei der insbesondere muslimischen Bevölkerung abgebaut bzw. dem entgegen gewirkt wird.

  3.  Mittelbereitstellung für die Bundeszentrale für politische Bildung, damit diese Aufklärungsarbeit in Bezug auf das Ezidentum publiziert.

  4. Errichtung von einer oder mehreren Professuren, um ezidische Religion und Kultur wissenschaftlich zu erforschen.

  5.  Sonderkontingente können eine wichtige Hilfe sein, um besonders vulnerable Personen zu versorgen. Bestehende Kapazitäten müssen von den Bundesländern unbedingt ausgeschöpft werden. Gleichzeitig muss jedoch eine Förderung von Maßnahmen vor Ort erfolgen.

  6. Unkomplizierteres Bleiberecht für Ezidinnen und Eziden aus dem Irak und Syrien, die nach Deutschland geflüchtet sind. Regelmäßige Prüfung des Status der Gruppenverfolgung.

  7. Eziden sind Bestandteil dieses Landes und dieser Gesellschaft, daher fordern wir die Errichtung einer Stelle für eine/n „Ezidenbeauftragten“.


Außerdem brauchen die Menschen im Irak, vor allem die vulnerable Gruppe der religiösen Minderheiten (wie z.B. Eziden und Christen), das Engagement der deutschen Bundesregierung in folgenden Bereichen:

  • Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau, vor allem in den vom IS-gezeichneten Gebieten Sindjar und der Ninive-Ebene.
    Ziel: Stärkung der Rückkehrperspektiven für Geflüchtete und Binnenvertriebene
    SDG: 1. Keine Armut, 2. Kein Hunger, 3. Gesundheit und Wohlergehen

  • Förderung von Maßnahmen in den Bereichen soziale Kohäsion und Versöhnung, aber auch von psychosozialer Unterstützung für Menschen, aus den vom IS-befreiten Gebieten.
    Ziel: Sozialer Frieden und Stabilisierung der Gesellschaft
    SDG: 3. Gesundheit und Wohlergehen

  • Weiterführung und Ausstattung des Amtes eines Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit.
    Ziel: Schaffung von Awareness und politische Einflussnahme zum Ausbau der Gleichberechtigung in einem religiös einseitig dominierten Staat
    SDG: 10. Weniger Ungleichheiten, 16. Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

  • Präsenz deutscher Sicherheitskräfte sowie Ausbildung und Training der lokalen, staatlich legitimierten Sicherheitskräfte.
    Ziel: Stärkung des Sicherheitsbedürfnisses der schutzlosen Minderheiten
    SDG: 16. Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

SDG (Sustainable Development Goals): Um global nachhaltige Strukturen zu schaffen, haben die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sich 17 Ziele bis 2030 gesetzt, die in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung festgehalten sind. Diese 17 Ziele sollen bis 2030 von allen Entwicklungs-, Schwellen- und Industriestaaten erreicht werden, sind unteilbar und bedingen einander. Die SDG richten den Fokus auf besonders benachteiligte und diskriminierte Bevölkerungsgruppen. Hierdurch soll die Welt gerechter, gesünder, friedlicher und sozialer gestaltet werden.
Mehr dazu: https://www.bmz.de/de/agenda-200

Zemfira Dlovani

Vorsitzende des Zentralrates der Êzîden

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